Klar kann man Geschlechter erfinden. So wie Fluxkompensatoren und Bullshit-Detektoren.

Wenn es um Geschlechter geht, hält sich wohl nichts so hartnäckig wie die Vorstellung von zwei klar getrennten Seiten: Mann und Frau, hetero- und homosexuell, Yin und Yang – die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Dabei gibt es eine Vielzahl an Geschlechtern. Und die Geschlechtsidentität sagt noch nichts über eine sexuelle Orientierung aus.

Sozial erwünscht und akzeptiert sind in der Regel nur die Kategorie „Mann“ oder „Frau“: alle Menschen sollen sich einer dieser beiden Kategorien zuordnen. Die, die das nicht können oder wollen, werden gesellschaftlich abgewertet. Egal, welchen Etiketten man hier begegnet: Es schwingt auch immer das Bild von starkem und schwachem Geschlecht mit, die erst gemeinsam ein funktionierendes Ganzes ergeben. Deswegen müssen sich gleichgeschlechtliche Menschen auch immer wieder die unsinnige Frage stellen lassen, wer in ihrer Beziehung eigentlich „Mann“ und wer „Frau“ ist.

Diese zwanghafte Dualität verursacht nicht nur viel Leid – sie ist auch überholt. Und das nicht erst seit gestern. In den 1920er Jahren sprach man – in bestimmten Subkulturen – (leider nicht im Mainstream) zum Beispiel von Geschlechtervielfalt. Im Nationalsozialismus verfestigte sich die Annahme von einer biologischen Zweiteilung, die bereits mit Beginn der Aufklärung zunehmend an Durchsetzungskraft gewann. Diese hält sich bei vielen noch heute, obwohl sie wissenschaftlich überholt ist.

So wird etwa das Geschlecht durch viele Faktoren geprägt, durch Chromosomen, Hormone, Geschlechtsorgane und das Erscheinungsbild, aber auch durch Erziehung, Rechtsprechung oder die eigene Zuordnung. Auf jeder dieser Ebenen gibt es verschiedene Ausprägungen; die Kombinationsmöglichkeiten sind zu vielfältig, als dass die Beschreibungen „männlich“ oder „weiblich“ genügen würden. Genauso möglich ist es, dass Menschen sich weigern, sich überhaupt ein entsprechendes Label aufkleben zu lassen – warum sollte das ein Problem sein? Und was ist mit intergeschlechtlichen Menschen, die sich weder genetisch, anatomisch noch hormonell dem einen oder anderen Geschlecht zuordnen können und das auch teilweise nicht wollen?

Die Schubladen, in die geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen gestopft werden sollen, sind überholt. Sie bilden einfach nicht die Realität ab, in der es ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Varianten gibt – cis, trans*, queer, straight, bi, pan oder inter sind nur eine Auswahl der verschiedenen Möglichkeiten der Kategorisierung – die sich eben nicht darin erschöpft, Menschen stumpf als „Mann“ oder „Frau“ zu bezeichnen und das war’s. Viel wichtiger aber: Ob und welcher Gruppe ich mich zugehörig fühle, sollte jede*r für sich selbst entscheiden können. Da muss niemand von außen mit einem Etikettenkleber kommen.

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